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Besprechung CD

Hungaroton HCD32235

1 CD • 60min • 2003

08.05.2004

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 6
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 7

„Charpentier besaß in höchstem Maße die Kunst, die angemessen anrührenden Töne zu den Worten des Textes zu setzen“, so charakterisierte im Jahre 1704 ein zeitgenössischer Nachruf im Journal de Trévoux das Schaffen des französischen Barockkomponisten. Dessen ungeachtet geriet Marc-Antoine Charpentiers Werk im Laufe der Zeit in Vergessenheit. Erst in einer Epoche musikhistorischer Wiederentdeckungen und moderner Auseinandersetzungen mit Fragen zur originalen Aufführungspraxis rückte auch das umfangreiche Schaffen des einst berühmten Zeitgenossen von Lully und Molière, zugleich Günstling am Hofe Ludwig XIV., in das Blickfeld. Heute gibt es kaum jemanden, der nicht wenigstens die Eurovisionsfanfare kennt, das Thema des Prélude aus Charpentiers D-Dur-Te-Deum von 1692. International steht seit längerem auch die Pflege der übrigen Werke des vielseitigen, in vielen italienisch-französischen Stil- und Formengattungen versierten Carissimi-Schülers auf der Tagesordnung.

Diese Anmerkungen sind wichtig, weil die ungarische Herkunft dieser Neuerscheinung einerseits den internationalen Ruf des Komponisten unterstreicht, andererseits aber den leicht als einseitig oder gar als langweilig zu empfindenden Klage- und Trauercharakter der vorliegenden Werkauswahl vor Mißverständnissen bewahrt. Denn trotz der Konzentration der barocken Affekte auf die ganz spezielle Funktion von Trauermusiken (Totenmesse, Passionsliturgie und Klagepsalm) eröffnen sich dem kundigen Zuhörer aufschlussreiche Folgewirkungen der Renaissance-Motettenkunst eines Orlando di Lasso oder Palestrina in der Kombination mit den Errungenschaften des konzertierenden Generalbaßprinzips eines Gabrieli, Monteverdi oder Heinrich Schütz.

Die Namensliste des Budapester Purcell-Chores und des mit Barockinstrumenten musizierenden Orfeo-Ensembles weist ausschließlich ungarische Mitwirkende auf, die sich mit dieser bereits dritten Charpentier-CD als ein führendes Interpretenteam in der ungarischen Charpentier-Pflege erweisen. Vorangegangen waren die Hungaroton-Produktionen mit zwei weiteren großen Meßkompositionen, Responsorien und Motetten. Die in der Instrumentalgruppe als Cellistin mitwirkende Anna Scholz gibt sich mit ihren Werkerläuterungen im Beiheft als eine enthusiastische Kennerin vieler kompositorischer Details der Werke zu erkennen und unterbreitet so bei dieser nicht gerade übermäßig spannenden Materie eine wertvolle Hörhilfe.

Aufnahme und Wiedergabe sind von einer sympathischen Sachlichkeit geprägt, die nicht auf äußerlichen Glanz setzt, sondern sich mit starker Sensibilität und religiöser Verinnerlichung in den künstlerischen Dienst des vorgegebenen Notentextes und seiner kirchenmusikalischen Aufgaben stellt. Sogar die lateinische Aussprache ist, phonetisch nicht immer leicht verständlich, einer frankophilen Tradition zufolge französisch eingefärbt. Entsprechend ausgefeilt ist die Andachtshaltung des Dargebotenen, das sich ausschließlich dem Thema Trauer, Tod, Leid und Klage (nach Psalm 88 in deutscher Zählung) widmet. Selbst die instrumentalen Adventsmusiken In nativitatem Domini untermalen die Trauer, Einsamkeit und Verlassenheit der Menschen in einer vorerst noch trostlos erscheinenden Dunkelheit am Vorabend der Geburt Christi.

Dr. Gerhard Pätzig [08.05.2004]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Marc-Antoine Charpentier
1Velum templi scissum est H 128
2Messe des Morts H 10 (Requiem)
3In nativitatem Domini canticum H 416
4Psalmus Davidis 87us H 207
5Salve Regina H 24

Interpreten der Einspielung

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