Naxos 8.557144
1 CD • 57min • 2002
28.05.2003
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Verglichen mit den bisherigen, vorzüglichen Bax-Produktionen unter David Lloyd-Jones bei Naxos fällt diese Neueinspielung der sechsten Sinfonie sehr ab. Bax hat dieses Werk in einer Weise instrumentiert, die es erforderlich macht, daß die tragenden Violinen insbesondere in den bewegten Partien stets mit größter Leidenschaft voranziehen. Was die Geigen des Royal Scottish National Orchestra hier aber abliefern, klingt über weite Strecken wie vom Blatt gespielt, was sich schmerzlich auch bei der Intonation mitteilt. Auch die hohen Holzbläser sind in dieser Hinsicht mitunter nicht einwandfrei und auch im Blech wird nicht selten unsensibel laut gespielt. Bei Oktavdoppelungen beispielsweise ist die Baßposaune so laut, daß man die darunter liegende Tuba nicht hört.
Im Vergleich zu der Einspielung unter Bryden Thomson (Chandos 8906) schneidet die vorliegende schlechter ab. Der Gesamtklang des Orchesters bei Thomson ist wesentlich runder, während hier der Eindruck einer gewissen Sprödigkeit vorherrscht. Von den subtilen Farb- und Belichtungswechseln, mit denen David Lloyd-Jones in der zweiten und fünften Sinfonie verzaubern konnte, ist hier kaum mehr etwas zu hören. Die unerbittliche Intrada des Kopfsatzes, die eigentlich mit ihren magischen Akkord-Blöcken ein Tor zu neuen Welten aufstoßen sollte, läßt Lloyd-Jones rasch hinter sich; von der unerhörten Wucht, welche die Partitur an dieser Stelle suggeriert, ist hier nichts zu spüren.
Das folgende Allegro erklingt nicht "con fuoco" und ist ohne Zugkraft zum Ende hin. Das flüssige Siciliano-Tempo im Mittelsatz gefällt mir zwar besser als Thomsons epische Breite, aber die apokalyptische, an Puccinis Tosca erinnernde Schlußsteigerung wirkt durch ihr rasches Tempo aufgesetzt. Seltsamerweise gibt es im Booklet den Hinweis des Dirigenten, er habe ab Ziffer 13 (Tr. 2, 7'06) eine in der Partitur, aber nicht in den Erststimmen stehende Tambourin-Stimme ausgelassen; sie ist in der Aufnahme dennoch zu hören. Wurde das mit der 'Tenor Drum' verwechselt, die in den 16 Takten nach Ziffer 11, Tr. 2, 5'55, hier in der Tat nicht zu hören ist? Am gelungensten ist noch das Finale, mit seinem wundervoll frei musizierten Klarinettensolo zu Beginn und einigen mitreißend entfesselten Stürmen (Tr.3, nach 9'11). Aber die magische Verklärung zu Beginn der Coda bei Ziffer 37 (ca. 12'38), auf die sich Kenner stets freuen, driftet leider wieder völlig auseinander.
Mithin steht eine Referenz-Einspielung der Sechsten, die Booklet-Autor Graham Parlett zu Recht "eine der besten Sinfonien des 20. Jahrhunderts" nennt, nach dieser herben Enttäuschung weiter aus.
Weniger Schwierigkeiten bieten die beiden Tondichtungen; man fragt sich allerdings, warum Into the Twilight, das Bax als erste eines Zyklus von drei Dichtungen namens Eire betrachtete, hier aus dem Zusammenhang gerissen wurde (vollständig unter Thomson, Chandos 8367).
Dr. Benjamin G. Cohrs [28.05.2003]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Arnold Bax | ||
1 | Sinfonie Nr. 6 (1934/1935) | |
2 | Into the Twilight | |
3 | Summer Music |
Interpreten der Einspielung
- Royal Scottish National Orchestra (Orchester)
- David Lloyd-Jones (Dirigent)