Nelly Miricioiu – Bel Canto Portrait
Opera Rara ORR217
1 CD • 62min • 2001
01.10.2001
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Mit dem Begriff Belcanto wird viel Schindluder getrieben: so manches, was auf der Schallplatte unter diesem Etikett angeboten wird, segelt unter falscher Flagge. Umso erfreulicher, wenn eine Produktion auftaucht, die dem hohen Anspruch vollkommen gerecht wird. Die rumänische Sängerin Nelly Miricioiu zählt schon seit langem zur Spitze der virtuosen Soprankunst, sie hat sich an vielen illustren Orten als Künstlerin hohen Grades, ebenso auch als ausdrucksstarke Darstellerin erwiesen. Daß sich die Plattenindustrie einer so außerordentlichen Künstlerin nur sporadisch bedient hat, ist kaum zu begreifen. Auch wenn ihre Stimme nicht mehr ganz taufrisch ist, stellt Nelly Miricioiu an gesanglicher Intensität, an Musikalität und Wärme des Vortrags so manche Berühmtheit in den Schatten. Anerkennung verdient auch die Auswahl des Programms, die erkennen läßt, welche Schätze aus dem reichen italienischen Opernfundus des frühen neunzehnten Jahrhunderts noch zu heben sind.
Saverio Mercadante beispielsweise, zu unrecht oft bloß als Nebenfigur zu Donizetti und Verdi aufgefaßt: der umfangreiche Ausschnitt aus Emma d'Antiochia (1834) läßt hochdramatische, inspirierte Musik erleben. Donizettis Belisario war einstmals ein Favoritstück des Opernrepertoires - es bleibt unverständlich, warum dieses Werk, das ebenbürtig neben den stärksten Werken aus Verdis Frühzeit dasteht, so weit ins Niemandsland abgeschoben worden ist. Die Schlußszene der Antonina zählt zu den höchsten Gipfeln der gesamten italienischen Opernkunst. Ähnliches gilt für Donizettis Oper Parisina, auch hier wird eine beeindruckende Probe vorgeführt: die Szene der Titelgestalt aus dem zweiten Akt. Das Arienkonzert schließt ferner einen nahezu vergessenen italienischen Komponisten ein, den gebürtigen Neapolitaner Michele Costa (1810- 1884), der als Sir Michael Costa in England zu hohem Ruhm gelangte. 1834 schrieb er eine Alternativ-Szene für die Primadonna Giulia Grisi zu Rossinis L'assedio di Corintho, ein Virtuosenstück, das sich trotz Beibehaltung gewisser Normen doch auch über jene musikalische Mimikry erhebt, der sich damals viele Opernkomponisten bedient haben. Somit ein ganzes Bündel kaum bekannter, wunderschöner Opernmusik, das hier von Opera Rara in hervorragender Gestaltung dargeboten wird.
Nelly Miricioiu wird von den Londoner Orchestern mit höchster Sorgfalt begleitet. Als mehr oder minder bedeutungsvoll hervortretende Stichwortgeber sind - in der Reihenfolge ihres Erscheinens - die Sänger Mary Plazas, Ashley Holland, Ildebrando D'Arcangelo, Alice Coote, Dominic Natoli, Roland Wood und Fiorna Janes zu nennen. Viele Informationen bietet das ausführliche Booklet (in englischer Sprache), nicht ganz eindeutig nachgewiesen ist das Datum der Aufnahme.
Clemens Höslinger [01.10.2001]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Saverio Mercadante | ||
1 | Emma d'Antiochia (Szene, Arie und Schlußduett) | |
Michael Costa | ||
2 | Dall'asilo della pace (aus L'assedio di Corinto) | |
Gaetano Donizetti | ||
3 | Da quel di che l'innocente (aus Belisario) | |
4 | Sogno talor di correre (aus Parisina) |
Interpreten der Einspielung
- Nelly Miricioiu (Sopran)
- Geoffrey Mitchell Choir (Chor)
- Philharmonia Orchestra London (Orchester)
- London Philharmonic Choir (Orchester)
- David Parry (Dirigent)