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ARD-Musikwettbewerb Ein Fenster zu... Kompass

ARD-Musikwettbewerb

Phantasie und Perfektion

Semifinale Horn beim 70. ARD-Musikwettbewerb

Der Besucherandrang im Prinzregententheater beim Semifinale Horn gestern Nachmittag hielt sich leider in Grenzen, wohl eher, weil gerade diese 3. Runden des Wettbewerbs auch für den Zuhörer einigermaßen anstrengend sind. Das dargebotene Repertoire besteht nämlich nur aus dem Pflichtstück – der Auftragskomposition – und einem von lediglich zwei möglichen Konzertwerken. Dies waren heuer entweder das vierte Hornkonzert von Mozart (KV 495) oder das Concertino op. 45 von Carl Maria von Weber, das nur einer der sechs Semifinalisten wählte. Umso mehr boten sich der Jury und dem Publikum direkte Vergleichsmöglichkeiten.

Vielschichtige Auftragskomposition

Das diesjährige Auftragswerk der Schwedin Britta Byström (Jg. 1977), Katze und Vogel, verlangt über knapp 10 Minuten vor allem viel Phantasie bei den schnellen Wechseln zwischen gestopften und offen gespielten Tönen sowie der dynamischen Entwicklung der einzelnen Abschnitte aus zunächst minimalistisch anmutenden Pattern. Eine erfreulich abwechslungsreiche und stimmungsvolle Aufgabe, die allerdings nur der überragende Kandidat der Runde, der Chinese Yun Zeng, völlig überzeugend bewältigte und mehr als nur ein virtuoses Kabinettstück daraus machte. Alle anderen Teilnehmer hatten Probleme mit dem 2. Abschnitt, waren entweder zu langsam oder schafften eine hohe, gestopfte Stelle nicht perfekt. Musikalisch gefielen hier noch der Niederländer Mees Vos (insgesamt allerdings an dem Nachmittag mit zu vielen Kieksern) und Pascal Deuber (etwas vulgär), der Rest konnte mit dem Stück nur streckenweise etwas anfangen.

Eigene Kadenzen – eine Kunst für sich

Von den Solisten wurde ausdrücklich verlangt, zu den konzertanten Werken eigene Kadenzen zu spielen. Dies klappte nur bedingt: Pascal Deuber, der ansonsten das Weber-Concertino beherzt, groß und eloquent herüberbrachte, verirrte sich dabei in Spezialeffekten, während beim Mozart die meisten der fünf Interpreten stilistisch korrekt, jedoch recht belanglos blieben. Ohne jeden technischen Makel gelang das Mozart-Konzert überhaupt nur dem ersten Kandidaten, Yun Zeng, der zudem die differenzierteste Ausgestaltung und die größte klangliche Wärme in der Romanza hören ließ. Schade, dass bei ihm das Münchener Kammerorchester noch etwas Zeit zum Aufwärmen benötigte. Ivo Dudler war im Finale am hinreißendsten, bei Byström ging dafür einiges daneben.

Unterschiedliche Hornästhetik

Immer noch auffallend im Fach Horn, dass es zwei unterschiedliche Richtungen der Klangästhetik zu geben scheint: Da sind einmal die „Schmetterer“, deren Tongebung klarer und direkter wirkt, dadurch solistisch mit Orchester präsenter, aber auch oft undifferenzierter. Annemarie Federle, die einzige Deutsche, ist hier eine typische Vertreterin, die gestalterisch leider im Semifinale deutlich abfiel, nachdem sie in der 2. Runde u.a. einen schönen Schumann gespielt hatte. Auch eher zu dieser Fraktion kann man die beiden Schweizer (Dudler und Deuber) zählen. Der sympathische Spanier Juan Bautista Bernat Sanchis und Mees Vos – beider Mozart-Vortrag geriet lebendig, trotzdem zu konventionell – bevorzugen einen eher weichen, runden Klang; Yun Zeng beherrscht anscheinend beides.

Drei Hornisten kommen ins Finale

Der Rezensent konnte die 2. Runde – deren Eindruck mit in die Wertung und die Entscheidung der Jury, wer das Finale am Freitag erreicht, mit eingeht – nur zum Teil online verfolgen, kann dafür mit dem Ergebnis gut leben: Ganz klar war, dass Yun Zeng weiterkommen musste. Zudem gelang Pascal Deuber (man darf gespannt sein, wer Publikumsliebling wird) und Ivo Dudler der Sprung in die Endrunde.

Martin Blaumeiser (08.09.2021)

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